Durcheinander

I know this transformation
is painful, but you’re not
falling apart; you’re just
falling into something
different, with a new
capacity to be beautiful.

-William C. Hannan-

Hola meine Lieben,

mal wieder liegt eine Woche voller Höhen und Tiefen hinter mir.

Meine Montag begann harmlos und in der Kita lief alles entspannt und es wurden noch einige Vorbereitungen für das anstehende „Sankt Martin“- Fest getroffen. Auf meinem Weg nach Haus traf ich noch auf Isa die am Straßenrand saß. So setzte ich mich zu ihr und in der warmen Nachmittagssonne hatten wir noch ein richtig schönes Gespräch.
Zu Hause angekommen passierte außer kochen und Blog schreiben nicht mehr viel.

Dienstag war ein etwas anstrengenderer Tag im Kindergarten, vor allem die letzte Stunde ließ mich mal wieder an meine Grenzen stoßen und am System zweifeln. Ich war zwar nur für eine 1/4 Stunde alleine, während die Kinder ein kleines Puzzle ausschneiden und wieder aufkleben sollten, doch 23 Kinder nur auf eine Person, sind doch etwas zu viel. Alle Kinder standen um meinen Tisch, jedes Kind ein anderen Wunsch und ich fühlte die Überforderung in mir aufsteigen und die Wut auf dieses System. Ich merkte wie ich nicht mehr adäquat auf die Kinder reagieren und eingehen konnte. Diese Situationen bringen mich immer wieder in einen Zwiespalt mit mir Selbst, denn eigentlich will ich so nicht arbeiten, aber in diesen Momenten fühle ich mich hilflos.

Am Nachmittag setzten Isa, Mona und ich uns noch kurz in dem benachbarten Park zusammen und redeten ein wenig über unsere derzeitig Stimmung in der Kita und bringen unsere Zweifel, Wut und Sorgen zum Ausdruck. Danach trieb mich meine Hunger in Richtung nach Hause.

Dort angekommen breitete ich mir mein spätes Mittagessen zu und entspannt ein wenig. Leider hielt die Entspannung nicht lange an, da mir schnell nach dem Verzehr, das Essen wie ein Stein im Magen lag. So kochte ich mir einen Tee und da die Schmerzen im Bauch nicht besser wurden legte ich mich ins Bett. Dort hoffte ich auf Besserung, doch leider war keine in Aussicht, sondern die Übelkeit kroch langsam meinen Hals hoch und ohne das ich mich wehren konnte gab ich meinen gesamten Mageninhalt an die Toilette ab und fühlte anschließend eine unheimliche Erleichterung. Das Unschönste überhaupt.

Mit der Hoffnung eventuell das Schlimmste überstanden zu haben machte ich mich schnell auf zum Lidl um mich mit Äpfeln, Babybrei und Wasser einzudecken. Leider merkte ich schon an der Kasse das das wohl nur der Anfang gewesen war. Aus dem Rückweg musste ich 3 Mal anhalten um mit meiner wiederkehrenden Übelkeit zu kämpfen.

Ich verbrachte meinen Abend mit Wellen von Übelkeit, kurzen Besserungen nach den Entleerungen meines Magens und wiederkehrender Übelkeit. Irgendwann hörte zu mindestens die Übelkeit auf und ich konnte mich , so gut es eben ging, ins Traumland begeben. Das ist wohl die größte Gefahr im Kindergarten zu Arbeiten, man begibt sich jeden Tag in einen unglaublichen Infektionsherd.

Am nächsten Tag fühle ich mich Selbst wie ausgekotzt und so verbrachte ich den ganzen Tag im Bett mit Serien schauen, Hörbücher hören und Schlafen. Mein Magen versorgte ich vorsichtig mit Apfel, Banana und Babybrei.

Am Donnerstag ging es mir ein wenig besser, außer das ich mich noch schwach fühlte und ein wenig von Schwindel geplagt war. Ein weiterer Tag an dem ich mich mit Serien, Hörbüchern, Internetrecherchen, Lesen und Schlafen beschäftigte. Heute bekam mein Magen bereits einen Brei aus Kartoffeln und Möhren und auch Zwieback stand auf dem Speiseplan– Schließlich will ich ja auch wieder zu Kräften kommen.

IMG_0566.JPG
Kartoffel-Möhren-Pamps 😉

 

Freitag stand das Laterenenfest im Kindergarten an und da ich mich eigentlich ganz gut fühle entschloss ich mich wieder in die Kita zu gehen. Doch schon auf dem Hinweg musste ich mit unglaublichen Schwindel kämpfen und fühlte mich ein bisschen wie in einer anderen Welt, doch ich dachte, das ich wohl nur etwas essen bräuchte und es sicher besser werden würde.

Als in in der Kita in meinem Gruppenraum trat wurde ich von einer Welle Liebe überschwappt, denn nach und nach fielen mir alle Kinder um den Hals und knuddelten und herzten mich.

Doch leider ging es mir bereits nach der zweiten Stunde überhaupt nicht besser und ich war richtig fertig, so das ich mich dafür entschied lieber wieder zurück in mein Bett zu gehen.
Dort angekommen schlief ich erst einmal eine Runde und widmete mich dann wieder meinen „üblichen“ Krankheitsprogramm.

Samstag ging es mir ein bisschen besser und ich nutze das um mal mein Zimmer so richtig auf Vordermann zu bringen. Sonst meditierte ich ein wenig, gestaltete mein Reisebuch ein bisschen und begnügte mich mit meiner Schonkost.

IMG_0573.JPG
Reisetagebuch

Für den Abend erwartet ich Isa und Mona für einen entspannten Filmabend und so zündete ich ein paar Kerzen an und schaffet eine gemütliche Atmosphäre. Erst kam Isa und kurz darauf folgte auch schon Mona. Ich freute mich sehr das die Beiden da waren, auch wenn unerwartet mein Kreislauf im Keller war. So machten wir es uns zu dritt im Bettchen bequem und bevor wir mit „Eat, Pray and Love“ anfingen, wurde noch ordentlich gequatscht.

mona
Monalein und ich

Während des Films gab es Eis und Schokolade für Mona und Isa und für mich Zwieback und Babybrei. Es war schön den Abend mit meinem beiden Liebsten verbringen zu können und es füllte meinen Energiespeicher wieder auf. Nach dem Film folgten noch ziemlich lange Gespräche, so das wir erst gegen 3 Uhr im Bett bzw. Isa auf der Couch, lagen.

IMG_0582.JPG
Eat, Pray & Love

Dementsprechend startete wir unseren Sonntag relativ spät und machten uns erst gegen 12:00 Uhr zum Frühstück in Richtung Stadt auf. Meine, bereits am Vortag gefühlten, Schmerzen in der rechten Seite meines unteren Rückens, fühlten sich heute noch intensiver an. Dazu kam der immer noch anhaltende Schwindel, der mich seit Tagen begleitete.

In der Stadt angekommen, steuerten wir ein gemütliches Café an und setzten uns an einen kleinen Tisch am Straßenrand. Dazu ein Frühstück zu bestellen kamen wir allerdings nicht, denn meine Schmerzen fingen an mich einzunehmen und ich bekam es ein wenig mit der Angst zu tun -Was wenn es die Nieren sind?

Nach einigem Hin und Her überlegen, Telefonaten und versuchten Anrufen, stand die Entscheidung fest -Ab zum Arzt. Was hieß: Ab in die Notaufnahme. Mona schrieb unterwegs bereits mit einem Kumpel aus Sevilla, der kommen könnte um uns beim übersetzen zu helfen.

In der Notaufnahme konnten wir der Empfangsdame schnell begreiflich machen was wir wollten und bekamen – sozusagen- die Eintrittkarten für ein einmaliges Erlebnis. Leider konnte mich nur einer mit nach innen Begleiten und so fuhr Isa schnell nach Hause und Mona kam mit hinein.

nama
Die Eintrittskarte 😉

Dort angekommen waren wir erst einmal ziemlich überwältigt vom dem Szenario was wor vorfanden. Es ging zu wie auf dem Bahnhof oder in der Metzgerei… Überall saßen Menschen auf Wartezimmerbänken, einige saßen in Rollstühlen und viele lagen auf Betten die mitten im Raum standen und auf denen sie ihre Infusionen in sich hineinlaufen ließen oder wanden.

Ich weiß nicht wie lange wir so da standen und überwältigt waren, doch erst als mein Name, der Laut durch den Lautsprecher gerufen wurde, im Raum wieder hallte, schienen wir uns wieder unserer Selbst bewusste zu werden. Komplett verwirrt von der Lautsprecherdurchsage, die wir nicht wirklich verstanden hatten, irrten wir durch den Raum um das richtige Zimmer zu finden. Da wir ausgesehen haben müssen wie zwei verlorengegangene Pfadfinder im dunklen Wald, halfen uns die wartenden Leute, in dem sie uns mit Gesten und Worten versuchten den Weg zur richtigen Tür zu weisen. Da warteten auch schon zwei Leute im weißen Kittel auf uns und schnell wurden Symptome notiert und mir ein Arzt zugeteilt.

moni und ich
Das Warten beginnt

Vorsichtig setzten wir uns auf zwei freie Plätze, immer noch unglaublich schockiert über das was wir sahen. Direkt vor uns, auf einer Liege, lag ein junger attraktiver Mann der sich vor Schmerzen nur so windete, neben uns weiter krank und erschöpft wirkende Gestallten.

Langsam schaute ich mich im Raum um… Überall hingen Ketten mit Hacken von der Decke, welche den Eindruck vermittelten man könnte tote Tiere zum ausbluten an sie hängen, doch in Wahrheit dienten sie den Infusionen, die so ziemliche jeder hier in sich hineinlaufen ließ. Die weiß-blau gestrichenen Wände, der weiß geflieste Boden, gepaart mit dem Geruch von Krankheit, Angstschweiß und Desinfektionsmittel, vermittelt einem sofort das Gefühl, das es einem noch viel schlechter geht, als wie man sich eigentlich fühlt.

IMG_0585
Hacken an der Decke

So saßen wir da und versuchten uns einiger Maßen zu entspannen. Mona machte sich Gedanken ob José (Der oben erwähnte Kumpel) nun wirklich kommt oder nicht. An diesem Punkt wussten wir noch nicht, das dies wohl die am häufigsten gestellte Frage der nächsten zwei Stunden sein würde. So verbrachten wir die Zeit damit kleine Snacks zu uns zu nehmen, das Szenario zu beobachten, herauszufinden ob José nun wirklich kommt und einigermaßen Ablenkung zu finden.

IMG_0592
Mona gönnt sich ein Ei zur Stärkung 😉

Nach dem wir geklärt hatten das José wirklich kommt, wurde ich auch endlich aufgerufen. Da José allerdings noch nicht da war, war es gut das ich Sprachsachrichten von Irene hatte, in welchen sie dem Arzt alles genau erklärte.
Dieser notierte geduldig alles, hackte bei einigen Sachen noch mal nach und machte sich dann daran mich abzutasten, abzuhören und meinen Blutdruck zu messen.

Alles soweit ganz gut, war das Ergebnis. Jetzt würde noch mein Urin und mein Blut getestet werden und anschließen müsste ich noch 2-3 Stunden warten bis die Ergebnisse auswertbar sind.

Entschuldigung…bitte was???

Ok, was kann ich schon machen?!

Also gab ich bereitwillig meine Urinprobe ab und schaute dem Blutabnehmen widerwillig entgegen. Als mich Mona dann nicht einmal mit in das Zimmer der Blutabnahme begleiten durfte, war ich innerlich ziemlich geknickt. Tapfer gab ich also mein Blut ab, doch als ich bemerkte das der Zugang in meinem Arm verweilte während der Arzt irgendetwas vorbereitet, merkte ich wie die Unruhe in mir aufstieg. Als er dann mit einer Spritz und einem Infusionsbeutel kam, fragte ich in sofort hektisch was das denn jetzt sei- Etwas für den Magen und Schmerzmittel- wurde mir gesagt.
Unfreiwillig ließ ich es über mich ergehen, doch meine lang zurückgehaltenen Tränen mussten sich jetzt Platz verschaffen.

IMG_0588

Es war nicht der Schmerz der mich zum Weinen brachte, es war das Gefühl hier auf dieser Liege zu sitzen, etwas in mich hineingepumpt zu bekommen, von dem ich nicht weiß was es ist, von Leuten die nicht meine Sprach sprechen…. Ich fühlte mich unglaublich verloren und fragte mich gleichzeitig was ich hier tat. Das war doch nicht ich. Ich geh nicht bei jedem kleinen Zwicken zum Arzt und erst gar nicht lasse ich meinen Körper mit Chemie verseuchen. Doch hier saß ich nun und verstand mich selbst nicht mehr.

Da dicke Tränen meine Wange runter kullerten, erweichte sich das Herz einer Schwester und sie klebte meinen Zugang gut fest und brachte mich und meine Infusionen zu Mona, die in Alarmstellung, jeder Zeit die Tür eintreten zu können, direkt vor dem Raum wartete.

me

So setzten wir uns wieder auf unsere Plätze und machten das, was man hier eigentlich hauptsächlich tut… Warten. Isa war mittlerweile auch wieder da und Mona ging einige Male raus um sich mit ihr zu unterhalten. Nach einiger Zeit hatte auch José seinen Weg zu uns gefunden und sich an der Security am Eingang vorbeigeschlichen. Einige Minuten später kam auch noch Isa zu uns hinein, die sich ebenfalls heimlich Zugang verschafft hatte. So saßen wir alle zusammen und versuchten mal wieder das Beste aus der Situation zu machen. Ich wüsste nicht wie es ohne meine lieben Freunde gewesen wäre, aber so haben wir den Schmerz, das Warten und das Leid durch 4 geteilt und alles war 1/4 so schlimm 😉

IMG_0590
Die Besten ❤

Es ist unglaublich wie lange man warten kann. Es wurde später und später, wir warten länger und länger, wurden hungriger und müder mit jeder Minute. In mir brodelte eine Unruhe die ebenfalls mit jeder vergehenden Minute stieg. Ich wollt einfach nur das man mir sagt was los ist, ich wollte einfach nur Gewissheit, ich wollte einfach nur nach Hause.
Denn vielleicht spürte ich ganz tief bereits da schon, das es hier eigentlich nicht um meinen Körper ging, sondern um das was er mir zu sagen versuchte. Vielleicht hatte ich nur den tiefen Drang danach das mir jemand sagt was los ist, weil ich selbst es nicht verstehen konnte. Doch worum es hier ging, war Nichts was jemand außer mir jemals wissen, messen oder testen hätte könnte. Denn hier ging es um den Innhalt und nicht um die Form.

IMG_0593

Nach unglaublichen 4 Stunden des lagen Wartens bejubelten wir den Ausruf meines Namens durch den Lautsprecher. Der Arzt erklärte mir das meinen Urin und meine Blutwerte normal und ok waren. Meine Körper würde im Moment nur noch immer mit dem Virus kämpfen und der Schmerz in meinem Rücken wäre muskulären Ursprungs.

Erschöpft, hungrig und um einen verrückten Sonntag reicher, verließen wir das Krankenhaus.
Mich durchströmte ein Gefühl von Erleichterung und Scham zur selben Zeit, denn ich war froh nichts ernsthaften zu haben und gleichzeitig fühlte ich mich beschämt meine Freunde für „Nichts“ um ihren Sonntag beraubt zu haben. Doch diese nahmen mir natürlich alle Zweifel, denn sie haben es gerne gemacht und würden es immer wieder tun.

Ich wusste es zwar auch schon vorher, aber ich habe das Glück wahre Freunde gefunden zu haben. Denn mal im Ernst, wer sonst würde insgesamt an die 7 Stunden, an einem wunderschönen Sonntag in der Notaufnahme verbringen?
Ich sprühe tief Dankbarkeit in mir und bin unglaublich froh diese fantastischen Menschen an meiner Seite zu haben! ❤

Isa, Mona und José- danke danke danke!

05bb897794370146aeb3c08fa9427e88
Pinterest

Nach dem wir die Notaufnahme gegen 14:00 Uhr betreten hatten, verließen wir sie nun kurz nach 20:00 Uhr wieder und José war noch so lieb uns mit dem Auto nach Hause zu fahren.
Was führ ein verdammt verrücktes Wochenende. Ich glaube ich habe so ziemlich alles gefühlt… Freunde & Trauer, Angst & Zuversicht, Liebe & Wut,….

Jetzt werde ich mich wieder zusammensuchen und langsamen den Berg vor mir erklimmen.

Ich melde mich dann wieder von der Spitze!!

b2ed899982a3885056a75464bf2ed72e
Pinterest

Hinterlasse einen Kommentar